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#MärchenDerPsychonautik - Die zwei guten Menschen und die Eidechse

Aktualisiert: 14. Okt. 2021

Dass es eine Seele gibt, die sich vom Körper lösen kann, wäre eigentlich keine spezifisch ketzerische Ansicht. Und trotzdem vermittelt uns dieses Märchen mit seinen Sprachbildern so etwas fremdes, fast archaisch, heidnisches. Ganz so selbstverständlich wollte man sich den Wechsel in die andere Welt im Christentum nicht denken.


Dieses Märchen der Katharer ist sogar in den Gerichtsakten der Inquisition festgehalten, die in Südfrankreich, wo die Sekte besonders stark verbreitet war, die Ketzer hartnäckig, durch "hochnotpeinliche" Befragung, und akribische Aufzeichnung, verfolgte. Alle Elemente und Bilder scheinen aus einer vollkommen anderen Geisteshaltung, als der christlichen, zu kommen. Auch wenn der Inhalt selbst eigentlich wenig ketzerisch oder anstössig ist. Die Überquerung eines Gewässers, um in die andere Welt zu kommen, findet sich in keltischen Märchen genauso wie in aussereuropäischen Berichten von schamanischen Initiationsvisionen, aber auch in christlichen Visionen vom Jenseits. Oft ist es hier die dünne scharfe Klinge eines Schwertes, über die der Betreffende gehen muss. Ein wunderschöner Palast ist so häufig anzutreffen in der anderen Welt, und ein so weltweit verbreitetes Motiv in den Märchen, dass man die Beispiele kaum zählen kann. Die Eidechse als personifizierte oder animalisierte Seele, ist allerdings ein etwas ungewöhnliches geheimnisvolles Bild in diesem Märchen, und würde fast eher in ein Indianermärchen, als in ein französisches Ketzermärchen passen.



Die Katharer waren eine weitverbreitete Sekte im europäischen Hochmittelalter. Sie hatten Kontakt mit den schon früher auftretenden Bogomilen im bulgarischen und im serbischen Königreich. Wie weit sie von diesen beeinflusst waren, oder ihren Glauben auch aus anderen Quellen speisten, kann man nicht mit Sicherheit sagen.

Ihre Vorstellung eines guten und eines bösen Gottes, welche miteinander ringen, wobei der böse Gott die Welt, die Materie geschaffen hat, als Gefängnis für die Seelen, findet man schon im alten Persien des Zarathustra-Glauben, sowie später bei dessen Reformator Mani und bei gnostischen Sekten der Spätantike, die eine starke Konkurrenz zum frühen Christentum darstellten. Der Glaube, dass durch wiederholte Wiedergeburten die Seele aus diesem Gefängnis irgendwann ausbrechen kann, ist meines Wissens allerdings speziell und nicht bekannt oder verbreitet bei den obengenannten Strömungen.




Wie dem auch sei... Die wissenschaftliche Seite des Themas sei anderen überlassen. Das sich fremd fühlen in dieser Welt, ist eine Grundverfassung des Menschen, die nicht jedem immer bewusst ist, aber in der Bewusstwerdung oft zur Mystik führt. Die jüdische Merkaba-Mystik und die Kabbala, die islamische Sufi-Mystik und andere islamische Richtungen, wie die Aleviten, die christliche Gnosis, der Neuplatonismus, die Orphiker und viele andere sind Strömungen, die mit dieser Weltfremdheit umzugehen versuchen. Auch die Auseinandersetzung mit Märchen kann dazu geeignet sein, sich mit diesem Urzustand des Menschen, dieser wahren "Erbsünde" zu stellen ;)





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